Obergericht will mehr Klarheit und wartet Urteil ab, © Keystone SDA
Das Zürcher Obergericht wartet noch mit dem Urteil.  Keystone SDA
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Obergericht will mehr Klarheit und wartet Urteil ab

Der 39-jährige Mann hat am Freitag im Prozess erklärt, dass er seine Untermieterin nicht bewusst töten wollte. Das Gericht wartet jetzt ein psychiatrisches Gutachten ab. 

02.09.2023

Das Obergericht des Kantons Zürich hat am Freitag noch kein Urteil über einen 39-jährigen Mann gefällt, der 2016 in Zürich seine Untermieterin erwürgt und und ihre Leiche geschändet haben soll. Das Gericht holt zuerst eine Ergänzung des psychiatrischen Gutachtens ein.

Die Ergänzung sei nötig, da für das Gericht noch einige Unklarheiten bestünden, unter anderem in Bezug auf die Schuldfähigkeit des Mannes, sagte der vorsitzende Richter. Der Auftrag werde umgehend erteilt. Dennoch dauere die Arbeit einige Zeit.

Wann das Urteil eröffnet werden könne, sei noch unklar, sagte der Richter. Dem Beschuldigten riet er, diesmal mit dem Gutachter zu sprechen, damit nicht wieder ein Aktengutachten erstellt werden müsse.

Gemäss Anklage hat der mehrfach vorbestrafte Schweizer im September 2016 in seiner Wohnung in Zürich seine 28-jährige Untermieterin im Streit in einen Würgegriff genommen und derart stark und lange zugedrückt, bis die Frau tot war. Dann verging er sich an der Leiche. Schliesslich drapierte er ein Springseil über den Körper, so dass der Eindruck eines Zusammenbruchs beim Sport entstehen sollte.

Schon sieben Jahre

Mit dem Entscheid des Gerichts zieht sich das ohnehin schon sieben Jahre dauernde Verfahren weiter in die Länge. Als das Bezirksgericht Zürich den Fall 2018 erstmals beurteilte, stützte es sich auf ein erstes Gutachten, das den Mann beim Tötungsdelikt als schuldunfähig, bei der Schändung als schuldfähig einstufte. Es verhängte 22 Monate Freiheitsentzug. Das Obergericht bestätigte das Urteil.

Das Bundesgericht kritisierte, es gehe nicht an, den Mann für das eine Delikt als schuldunfähig und für das andere als schuldfähig einzustufen. Es wies den Fall an die Staatsanwaltschaft zurück.

Es wurde ein zweites Gutachten eingeholt, das nun ergänzt werden soll. Es erklärte den Mann als voll schuldfähig. In seinem zweiten Urteil verhängte das Bezirksgericht im Mai 2022 eine Freiheitsstrafe von 13,5 Jahren wegen vorsätzlicher Tötung und Störung des Totenfriedens. Eine Verwahrung sprach das Gericht nicht aus.

"Verwahrung unabdingbar"

Sowohl Anklage als auch Verteidigung zogen das Urteil weiter. Aus diesem Grund befasste sich auch das Obergericht am Freitag zum zweiten Mal mit dem Fall.

Der Staatsanwalt forderte eine Freiheitsstrafe von 18,5 Jahren sowie Anordnung einer Verwahrung. Der Beschuldigte sei nur so lange ungefährlich, wie man ihn machen lasse, was er wolle, sagte der Ankläger. Sonst bestehe ein Risiko für schwerste Gewalttaten. Für die Sicherheit der Gesellschaft sei eine Verwahrung unabdingbar.

"Tragischer Unfall"

Die Verteidigerin stellte jegliche Tötungsabsicht ihres Mandanten in Abrede. Sie sprach konsequent von einem "tragischen Unfall". Der Mann habe die Frau nur beruhigen wollen. Diese sei schon seit ihrem Einzug drei Monate zuvor streitsüchtig und aggressiv gewesen. Auch an jenem Morgen habe sie ihn provoziert, beschimpft und gedemütigt.

Der Beschuldigte räumte in seiner Befragung ein, er habe in dieser Situation die Kontrolle verloren. Offenbar habe er seine Kraft falsch eingeschätzt und das Nachlassen des Widerstandes der Frau falsch interpretiert.

Die Verteidigerin machte fahrlässige Tötung geltend, allenfalls Totschlag. Angemessen seien 24 Monate Freiheitsentzug. Ihr Mandant sei umgehend zu entlassen und für die "Überhaft" zu entschädigen.

In seinem Schlusswort fuhr der Beschuldigte dem Staatsanwalt hart "an den Karren". Nur seinetwegen dauere das Verfahren schon so lange. Immer erzähle er die gleichen Lügengeschichten. Ob er denn damals dabei gewesen sei? Für seine Tat schäme er sich wirklich, versicherte er. (dan/sda)

Danielle Basler

Redaktorin

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