Gotthardbasistunnel, © Keystone-SDA
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Arbeiten im Gotthardbasistunnel dauern an

Der am 10. August im Gotthard-Basistunnel entgleiste Güterzug dürfte erst Ende September vollständig geborgen sein. Bis die Schäden im Tunnel behoben seien, werde es mehrere Monate dauern, erklärten die SBB am Mittwoch in Faido TI.

06.09.2023

Vor knapp einem Montag verunglückte um 12:48 Uhr bei der Multifunktionsstelle Faido, rund 15 Kilometer nach der Einfahrt in den Gotthardbasistunnel, ein Güterzug mit 30 Wagen. 16 Wagen entgleisten, ein Teil kam bei einer Weiche vom normalen Gleis auf das Spurwechselgleis ab und raste gegen ein Tor, das die beiden Tunnelröhren voneinander trennte.

Die Schäden seien immens, sagte Peter Kummer, Leiter Infrastruktur SBB, bei einer für Medien organisierten Besichtigung des Unfallorts. Bis die Züge wieder durch die Weströhre des Gotthardbasistunnels fahren könnten, werde es noch mehrere Monate dauern.

Total beschädigte Wagen

Obwohl sieben Tage die Woche bis zu 50 Personen in der Weströhre mit Aufräumarbeiten beschäftigt sind, bietet sich in der Multifunktionsstelle Faido noch immer ein Bild der Zerstörung. Von den entgleisten Wagen stecken weiterhin acht im Tunnel fest. Sie wurden aus den Gleisen geworfen, zusammengedrückt oder auseinandergerissen.

Kummer sprach von "komplexen" Fällen. Bevor die Wracks aus dem Tunnel geborgen werden können, müssen sie gesichert werden, damit sie bei den Arbeiten nicht kippen. Fahrbar sind die noch im Tunnel verbliebenen Wagen nicht mehr. Sie werden deswegen zerlegt.

Der Güterzug dürfte wegen eines gebrochenen Rades verunfallt sein. Bevor er entgleiste, beschädigte er auf einer Länge von sieben Kilometern die Fahrbahn. Bis zu 20'000 Betonschwellen müssen ersetzt werden.

Provisorisches Gleis verlegt

Damit die Unfallstelle für die Aufräumarbeiten vom 15 Kilometer weit entfernten Südportal erreichbar ist, musste die SBB teilweise ein provisorisches Gleis mit Holzschwellen im Tunnel verlegen. Diese Arbeiten sind noch immer im Gang.

Nach Angaben der SBB wird im Tunnel in mehreren Schichten gearbeitet. Die Arbeitsbedingungen sind hart. Tief im Berg ist es bis zu 40 Grad heiss, die Luft ist stickig und teilweise staubig. Alle 45 Minuten gibt es für die Arbeiter 15 Minuten Pause, die sie in einem gekühlten Raum verbringen können.

Auch die Journalisten wurden für die Besichtigung nicht nur mit Helm und Schutzkleidung, sondern auch mit Schutzbrille, Staubmaske, Handschuhen und Ohrenstöpsel ausgerüstet. Auch ein Selbstretter musste, für den Fall eines Brandes im Tunnel, jeder mit sich führen.

Berge von Penne

Der entgleiste Güterzug war von Italien Richtung Norden unterwegs. Er sei mit allem, was Italien zum Essen produziere, beladen gewesen, sagte ein SBB-Mitarbeiter. Genannt wurden Pelati, Reis oder Wein. Auf dem Perron bei der Nothaltestelle stapeln sich noch immer kartonweise Penne-Teigwaren. Beim Spurwechselgleis ist ein grosser Berg mit Dosen aufgehäuft.

Bis alle havarierten Wagen aus dem Basistunnel geborgen sind, dürfte es Ende September werden. Dann werden aber noch keine Züge durch die Weströhre fahren können. Das provisorische Gleis muss danach wieder entfernt und die Fahrbahn neu aufgebaut werden. Auch zwei Weichen müssen ersetzt werden. Schäden gab es auch an Kabeln oder Fahrleitung.

Eine Prognose dazu, wie lange die Reparaturarbeiten dauern, machten die SBB am Mittwoch nicht. Eine beschränkte Inbetriebnahme könnte aber Anfang 2024 möglich sein, wie es hiess.

Güterverkehr im Konvoi

Seit dem 23. August fahren wieder Güterzüge durch die nicht vom Unfall betroffene Oströhre. Es fahren jeweils vier Züge im Konvoi in die eine und dann in die andere Richtung. Zur Zeit verkehren pro Tag rund 90 Güterzüge durch den Gotthardbasistunnel, dazu kommen 15 über die Bergstrecke.

Die Personenzüge fahren ebenfalls über die alte Strecke und durch den Scheiteltunnel. Die Kapazitäten lägen derzeit noch zehn Prozent unter dem Soll, erklärte Kummer.

Dass derzeit keine Personenzüge durch den Basistunnel fahren, wird mit der Sicherheit begründet. Bei einem Unfall werden die Passagiere über die zweite Röhre evakuiert. Dies ist wegen der Entgleisung derzeit nicht mehr über die ganze Tunnellänge möglich.

Die SBB teilten aber mit, sie suchten zusammen mit dem Bundesamt für Verkehr mit Hochdruck nach sicheren Lösungen für ein angepasstes Rettungskonzept, damit auch Reisezüge baldmöglichst die Oströhre befahren könnten. Die Sicherheit habe aber oberste Priorität. (SDA)

David Nadig

Stv. Chefredaktor, Sportchef

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